Themenabend "Autismus und Trauma – Hilfe statt Heilung"
Themenabend "Autismus und Trauma"
Der Themenabend zum Aktionstag am 5. Mai stieß auf überwältigendes Interesse: fast 100 Teilnehmer*innen aus ganz verschiedenen Bereichen besuchten die Veranstaltung, zu der anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung zum Thema „Autismus und Trauma“ von unserem Verein eingeladen wurde. Ein eindrucksvolles Zeichen dafür, wie wichtig dieses Thema ist.
Zu den Schwerpunkten Barrieren, Trauma und Psychiatrie informierten zwei Referentinnen mit besonderer Kompetenz aus verschiedenen Blickwinkeln: Brit Wilczek, eine auf Autismus spezialisierte Psychotherapeutin und Vorstandsmitglied Regina Kucharski, selbst Betroffene mit bewegendem Erfahrungshintergrund. Wie gut diese Ergänzung gelungen ist, zeigten die vielen positiven Reaktionen der Teilnehmer*innen, unter denen gleichermaßen Betroffene, Eltern wie auch viele Fachkräfte vertreten waren.
Viele Autisten haben ihr Leben lang mit Barrieren zu kämpfen – oft sind es unsichtbare Barrieren, die von anderen Menschen gar nicht als solche erkannt werden. Trotz vieler Fähigkeiten und Stärken passt für Autisten einfach vieles nicht in einer größtenteils neurotypischen Welt. Autisten erleben die Welt anders als andere Menschen und müssen im „normalen“ Alltag oft enorme Anpassungsleistungen erbringen. Sie erleben dabei einen hohen Erwartungsdruck durch ihr Umfeld und befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen Isolation und unbedingter Anpassung mit der Gefahr des Selbstverlustes. Traumatische Erfahrungen durch Ablehnung und Abwertung sind eine der Ursachen, die teils lange Leidenswege verursachen. Demgegenüber steht eine enorm schlechte Versorgungslage im psychiatrischen Bereich besonders für erwachsene Autisten.
Die psychologische Psychotherapeutin Brit Wilczek verfügt über fundiertes Wissen und langjährige Erfahrung im Bereich Autismus. Sie berichtete in sehr anschaulicher Darstellung über Besonderheiten der autistischen Wahrnehmungsverarbeitung und die Entstehung und Behandlung von Traumata aus ihrer Praxiserfahrung. Die Wahrnehmung aus autistischer Sicht wurde dabei verständlich gemacht und im Anschluss durften die Teilnehmer*innen an der bewegten und bewegenden, aber auch ermutigenden Lebensgeschichte von Frau Kucharski teilhaben, die mit bewundernswerter Stärke einen von Fehldiagnosen geprägten Weg gegangen ist und dabei bis heute um ein „Gesehen werden“ statt „Geheilt werden“ kämpft. Die abschließende Fragerunde wurde bis zur letzten Minute für einen regen Austausch genutzt.
Barrieren, die autistischen Menschen den Zugang zu vielen Lebensbereichen erschweren, Trauma durch Fehldiagnosen und -behandlung und die dürftige Versorgungslage im psychiatrischen Bereich: das sind Themen, die viele unserer Mitglieder besonders betreffen und denen durch diese Veranstaltung ein wenig mehr Aufmerksamkeit zuteil werden konnte.